Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Lehrveranstaltungen

WiSe 2022/2023

Der Blick des Flaneurs – Großstadtliteratur der 1920er Jahre / Neela Janssen

Am Beispiel der Stadt Berlin und ihren literarischen Beschreibungen aus den 1920er Jahren werden wir uns in diesem Seminar ausführlich mit der Figur des Flaneurs als Autor und Beobachter der Großstadt beschäftigen. Es gilt, den spezifischen Blick des Flaneurs auf seine Umwelt zu untersuchen und zu den literarischen Formen in Beziehung zu setzen, in denen er seine Eindrücke auf Papier zu bannen versucht: Was genau passiert in diesen häufig in Form des Essays oder der Zeitungskolumne gehaltenen Texten? Von was berichten sie? Was versuchen sie zu vermitteln? Mit Miniaturen und Auszügen von Franz Hessel, Siegfried Kracauer, Walter Benjamin, Georg Simmel, Erich Kästner u.a. begeben wir uns auf eine literarische und literaturwissenschaftliche Spurensuche in das Berlin der 1920er Jahre.

Im zweiten Teil des Seminars werden wir uns aber auch mit den Leerstellen, den blinden Flecken dieser Texte auseinandersetzen: Welchen Fokus hat der Blick des Flaneurs, was bleibt ihm verborgen? Welche bürgerlichen, männlich-codierten Stimmen sprechen aus den behandelten Beispielen? Zum Abschluss wagen wir uns dann an eine Aktualisierung für die Gegenwart: Wie wird im 21. Jahrhundert über die Großstadt geschrieben? Was prägt den literarischen Blick auf die Stadt und ihre Gegenwart heute? Und was ist aus der Praxis des (literarischen) Flanierens geworden?

SoSe 2022

Kulturgeschichte der Klage / Neela Janssen

„Es wecke die Klage / Den Todten nicht auf, / Das süßeste Glück für die traurende Brust, / Nach der schönen Liebe verschwundener Lust, / Sind der Liebe Schmerzen und Klagen.“ -- So schreibt Friedrich Schiller 1798 in Des Mädchens Klage und wirft bereits in diesen wenigen Zeilen einige Fragen auf, die uns durch das Semester begleiten werden: Was bedeutet es, über Verlorenes zu sprechen? Welche Rolle spielt das Abwesende? Wie wird es in den Texten jeweils literarisch anwesend gemacht? Welche Funktionen erfüllt die Klage, ihre literarische Inszenierung und sprachliche Performance? Welches Potential für Individuum und Gesellschaft steckt in ihr?
Dabei werden wir uns ausgehend von Schiller und Autoren wie Heinrich Heine und Rainer Maria Rilke bis Bertolt Brecht im Verlauf des Seminars auch in weiter entfernte historische Tiefen vorwagen: Mittelalterlicher Minnesang wird uns neben der Elegie ebenso interessieren wie antike Klageweiber, die Totenklage und biblische Lamentation. Die Beschäftigung mit diesen Traditionen soll stets auch den Blick auf das 21. Jahrhundert erhellen: Welche Spuren der Klage finden sich in gegenwärtiger Literatur und Lyrik? Welche Konstellationen von Trauer, Geschlecht und Kulturkritik finden sich in diesen Beispielen wieder? Und wie lassen sich kontemporäre Ausdrucksformen von Schmerz und Verlust, gerade auch in Zeiten des Krieges, in diese europäische Kulturgeschichte der Klage einordnen?

WiSe 2021/2022

Identität im Gegenwartsroman

„Identitätskämpfe sind Kämpfe um Fiktionen in der Wirklichkeit“, bemerkt Mithu Sanyal im  Nachwort ihres 2021 erschienenen Romandebüts Identitti und weist damit auf die regen gesellschaftlichen Debatten hin, die seit einiger Zeit um Fragen von Zugehörigkeit, Selbstbestimmung, (gesellschaftlicher) Inklusion und Exklusion und der sie strukturierenden Machtverhältnisse kreisen.
Im Seminar wollen wir uns diesen Fragen nähern, indem wir zeitgenössische fiktionale Texte dazu befragen, wie Identität in ihnen erzählt und imaginiert wird: Welche Narrative von Zugehörigkeit werden aufgerufen und in welcher Beziehung stehen sie zu Kategorien wie race/class/gender? Wie werden über literarische Figuren Identitäten entworfen und/oder in Frage gestellt? Und in welches Verhältnis lassen sich diese (Erzähl-)Figuren zu ihren Autor:innen setzen?
Ausgehend von Sanyals Identitti werden wir uns im Verlauf des Semesters mit drei bis vier weiteren Romanen  beschäftigen, die in den letzten Jahren erschienen sind und sich explizit oder implizit mit den aufgeworfenen Fragen literarisch auseinandersetzen. In den ersten Sitzungen gilt es gemeinsam Perspektiven zu entwickeln, unter denen die einzelnen Romane diskutiert werden können. Die Auswahl der konkreten Titel, mit denen wir uns jeweils über mehrere Wochen auseinandersetzen werden, wird im Verlauf der nächsten Wochen bekannt gegeben. Die Bereitschaft zur gründlichen Lektüre der Romane sowie punktueller Sekundärtexte wird vorausgesetzt, ebenso wie die Bereitschaft, sich aktiv an den Seminardiskussionen zu beteiligen.

SoSe 2021

Utopische Szenen in Kinder- und Jugendliteratur

„Somit  wäre die Geschichte zu Ende und dieses Ende ist gerecht, glücklich […]  und wir können der Zukunft vertrauend sämtliche Personen getrost ihrem  Schicksal überlassen“. Mit diesen Worten schließt Erich Kästner am Ende  seiner Erzählung von Pünktchen und Anton. Nicht jedoch, ohne im  Anschluss darauf hinzuweisen, dass es im echten Leben anders zugehe: „Es  sollte so sein und alle verständigen Menschen geben sich Mühe, dass es  so wird. Aber es ist nicht so. Es ist noch nicht so.“
Dieser  Spur des Noch-Nicht soll ihm Rahmen des Seminars zu utopischen Szenen  in Kinder- und Jugendliteratur nachgegangen werden. Ausgehend von der  These, dass im Schreiben für Kinder und Jugendliche ein besonderer  Freiraum für idealistisches Erzählen besteht, werden ausgewählte Bücher  nach ihrem utopischen Potential befragt und ihre spezifischen  Weltentwürfe nachvollzogen werden. Thematische Schwerpunkte wie  Zugehörigkeit, kindliche Selbstbestimmung und Gerechtigkeit, aber auch  Diversität und Inklusion helfen dabei, den Blick auf unterschiedliche  Aspekte zu richten und die Geschichten auf einzelne utopische Narrative  hin zu untersuchen.
Klassische  Autor:innen wie Astrid Lindgren, Erich Kästner und Cornelia Funke  werden dabei ebenso gelesen werden wie weniger bekannte Autor:innen der  Jugendliteratur wie David Levithan u.a.

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